Dir bricht plötzlich der Schweiß aus, dein Herz beginnt zu rasen und du fühlst dich wie gelähmt? Du befürchtest, in eine Situation zu geraten, in der du – wieder einmal – Angst- oder Panikattacken bekommst? Ganz klar: Du hast Angst vor der Angst!
Gleichzeitig mutet unser aktuelles Leben an, wie ein schlechter Sciencefiction-Film. Kontaktbeschränkungen, Ausgangssperren, Maskenpflicht – die coronabedingten Einschränkungen lassen uns nicht unberührt. Stress und Ängste sind laut WHO die häufigsten Folgen. Doch das muss nicht sein! Wir stellen dir wirkungsvolle Methoden vor, wie du deine Ängste in den Griff bekommst und deine seelische Gesundheit dauerhaft steigerst.

Der Teufelskreis der Angst

In Deutschland leiden 10 – 14% der Bevölkerung an einer akuten Angststörung. Mindestens jeder Vierte ist in seinem Leben ein- oder mehrfach davon betroffen. Keine andere psychische Erkrankung tritt häufiger auf. Wenn die Angst plötzlich, wie aus dem Nichts und ohne erkennbaren Grund auftritt, hast du eine Panikattacke. Sie geht mit teils heftigen körperlichen Symptomen, wie

  • erhöhtem Pulsschlag
  • Herzrasen
  • erweiterten Pupillen
  • Schweißausbrüchen
  • Zittern
  • Beklemmungsgefühle
  • Hyperventilation
  • Atemnot
  • Schwindel
  • Todesangst

einher, aber auch mit Gefühlen des Kontrollverlustes, des Ausgeliefertseins oder der Hilflosigkeit.

Angst vor der Angst (Erwartungsangst) tritt dann ein, wenn schon die Erwartung einer möglichen Panikattacke zu den genannten Symptomen führt. Diese Form der Angst ist ein Teufelskreis. Sie führt häufig zu massiven Selbsteinschränkungen. Angstauslösende Situationen werden vermieden und Sozialkontakte auf ein Minimum reduziert. Oft verstärken derartige Vermeidungsstrategien jedoch die Symptome über die Zeit – mit Langzeitfolgen für deine seelische Gesundheit.

Die Schutzfunktion der Angst

Dabei hat Angst an sich durchaus ihre Berechtigung. Stell dir einmal vor unsere Urahnen wären freudestrahlend auf den nahenden Säbelzahntiger zugelaufen statt die Flucht zu ergreifen! Angst steigert unsere körperliche Fähigkeit zur Flucht oder Verteidigung und kann uns daher zu Höchstleistungen befähigen. Nicht umsonst heißt es, dass Angst Flügel verleiht. Gleichzeitig bewahrt uns eine gesunde Furcht vor allzu großen Risiken. Zuweilen auch mit grotesk anmutenden Folgen, wie Masken zu tragen und permanent die Hände zu waschen. Angst kann Leben retten. Problematisch wird es erst, wenn sich deine Ängste ins unermessliche steigern oder du Angst vor der Angst selbst bekommst.

Woher kommt die Angst?

Beim Anblick der kleinsten Spinne könntest du die Wände hoch gehen? Dicke Würmer verpassen dir eine regelrechte Gänsehaut? Derartige Ängste sind häufig erlernt. Sie werden von den Eltern oder engen Bezugspersonen der Kindheit unbewusst übernommen. Eventuell hattest du aber auch traumatische oder negative Erlebnisse, die nicht richtig verarbeitet wurden. Als Folge kann sich ein angststeigernder Umgang in ähnlichen Situationen verfestigen. Aber auch sogenannte Glaubenssätze wie „Ich schaffe das nicht!“, „Das Leben ist gefährlich!“ oder „Männern/Frauen kann man nicht trauen!“ können in übervorsichtigem Verhalten und in der Folge in Angst münden. Die gute Nachricht ist: Da unser Gehirn bis ins hohe Alter veränderbar (neuroplastisch) ist, kann Angst wieder verlernt und ungünstige Denkmuster aufgelöst werden.

Angst überwinden – Selbstzweifel loswerden

Der erste und wichtigste Schritt spezifische Ängste oder die Angst vor der Angst zu besiegen, ist, sie zuzulassen. Akzeptiere deine Angst als das, was sie ist: Eine normale Reaktion deines Körpers auf eine reale oder gefühlte Bedrohung. Bewerte deine Angst nicht. Nimm sie einfach achtsam wahr. Lass sie kommen und lass sie gehen. Angst bewusst zu unterdrücken verschlimmert langfristig die Symptome. Sobald du sie hingegen annimmst, kannst du lernen übermäßige Angstgefühle abzubauen.

Glaub nicht alles, was du denkst

Sodann gilt es deinen Blick auf die Angst zu verändern. Gedanken wie „Gleich bekomme ich einen Schweißausbruch“ oder „Mein Herzrasen ängstigt mich“, können deine Beschwerden sogar verursachen. Dann ist wieder die Angst vor der Angst am Werke.
Beginne daher damit, von Furcht, Befürchtung, Sorge oder Bedenken zu sprechen. Damit nimmst du deinem Angstgefühl schon viel von seiner Bedrohung. Hinterfrage deine Gedanken oder führe einen inneren Monolog mit deiner Angst:

  • Hallo Angst, warum bist du gerade hier?
  • Willst du mich vor einer tatsächlichen Gefahr warnen?
  • Gibt es einen rationalen Grund, dass du mir Schwindel, Schweißausbrüche und Herzrasen verursachst?
  • Oder habe ich dich durch meine Gedanken selbst herbeigerufen?
  • Bist du gerade völlig unnötig auf den Plan getreten?

In folgenden lenkst du dein Denken mehr auf die Wirklichkeit und lernst echte von gefühlten Gefahren zu unterscheiden.

Wissen ist Macht – Nichts wissen macht nichts?

Falsch! Je besser du über das Thema oder die Themen, die deine Angst auslösen, informiert bist, desto besser kannst du damit umgehen. In der aktuellen Corona-Krise bedeutet dies z. B., dich bei glaubwürdigen Institutionen wie der WHO, dem RKI oder dem Bundesgesundheitsministerium zur Faktenlage zu erkundigen. So kannst du dein tatsächliches Risiko einschätzen und vernünftige vorbeugende Maßnahmen ergreifen. Übertreibe aber nicht. Unsinnig wäre, permanent den neuesten Nachrichten nachzulaufen oder jedem Gerücht Glauben zu schenken. Mit diesem Verhalten gerätst du nur in einen neuen Angstkreislauf.

Durchbrich erlernte Muster

Erlerne Strategien, deine gefühlte Hilflosigkeit, den drohenden Kontrollverlust und die Gedankenspiralen frühzeitig zu durchbrechen. Dabei helfen Dir vor allem folgende Entspannungsmethoden:

  • Meditation
  • Progressive Muskelrelaxation
  • autogenes Training
  • Yoga oder Pilates
  • Tai Chi oder Qigong
  • entspannende Musik
  • Atemtechniken
  • Hypnotherapie

Probiere ruhig mehrere Techniken aus und finde die, die am Besten zu dir passt. Trainierst du diese regelmäßig, bekommst du langfristig die Kontrolle über deine Panikattacken. Herzrasen, Schweißausbrüche, Zittern und negative Gedanken nehmen ab. Du reagierst zunehmend gelassener. Je automatischer du in die Entspannung gehen kannst, desto besser bist du in der Lage, auf eine beginnende Panikattacke zu reagieren. Unser Gehirn funktioniert nämlich wie ein Straßennetz: Was erlernt und verfestigt wurde fungiert quasi als Autobahn (deine Angstreaktion). Doch wenn du einen neuen, alternativen Pfads anlegst und diesen durch Wiederholung ausbaust, wird er mit der Zeit breiter und mächtiger. Die alte Autobahn verschwindet vielleicht nicht gänzlich, wird aber immer seltener genutzt. Schließlich bröckelt der Asphalt und Löwenzahn sowie allerlei Gestrüpp überwuchern sie.

Finde deine Strategie für Akutsituationen

Zudem kannst du gegen nahende Panikattacken Tätigkeiten ausführen, die dir gut tun. Du liebst es Vogelhäuschen zu bauen? Du versorgst die Nachbarschaft mit selbstbestrickten Socken? Nutze deine Interessen, dich von deinen Negativgedanken abzulenken. Die Möglichkeiten sind endlos. Hier noch ein paar Ideen:

  • Lies ein schönes Buch.
  • Schnapp dir dein Instrument und spiele deine Lieblingssongs.
  • Geh eine Runde Joggen.
  • Tanze laut Singend durch deine Wohnung.

Alles was Spaß macht ist erlaubt! Selbst für unterwegs gibt es schnell wirksame Methoden, dein Gehirn von der Angst abzulenken. Das Gehirn kann sich nämlich nur auf eine Sache gleichzeitig richtig konzentrieren.

  • Buchstabiere doch mal deinen Namen rückwärts.
  • Zähle alle Primzahlen bis 100 auf.
  • Finde zehn grüne Dinge in deiner Umgebung.
  • Erzähle dir selbst einen Witz.

Solch kleine Übungen verschaffen dir Zeit, dich von der Angst zu distanzieren sie anschließend rational zu betrachten.

Lass dir helfen

Wenn deine Angst schon sehr ausgeprägt ist und dein Leben massiv einschränkt, brauchst du professionelle Hilfe. Die meisten Menschen scheuen sich zunächst davor, mit ihren Problemen zum Arzt zu gehen. Außerdem ist es auch gar nicht so einfach zeitnah einen Termin zu bekommen. Allerdings sagt nahezu jeder, der diesen Schritt gegangen ist: „Hätte ich das nur früher getan“.

Medikamenten können Angstzustände dämpfen, bis du selber damit klar kommst. Vielleicht bekommst du ein Akutmedikament verschrieben, dass du immer bei dir tragen kannst. Bei einer nahenden Panikattacke hilft es, dich zu beruhigen. Außerdem gewinnst du Zeit, mit der Situation rational umzugehen.

Eine Psychotherapie hilft dir, die Ursachen deiner Angst zu erkennen, ungünstige Denkmuster zu verändern und neue Verhaltensweisen zu trainieren. Angststörungen können sehr gut therapiert werden.

Auch gut moderierte Selbsthilfegruppen können dein Leben verbessern. Der Austausch mit anderen Betroffenen nimmt dir das Gefühl, in der Situation alleine da zu stehen. Zudem bekommst du oft weitere hilfreiche Tipps für den Alltag.

Nie mehr Angst vor der Angst

Wie du siehst, gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, die Angst vor der Angst zu überwinden. Stell dir vor, wie du gestärkt, mit neuem Selbstbewusstsein daraus hervorgehst. Ein wundervoller Gedanke! Das Wichtigste dabei: Werde aktiv!

Das gilt auch für die aktuelle Covid-19-Situation. Versuche einmal, sie als Chance zu begreifen. Du kannst neue Hobbys entdecken oder alte wieder aufleben lassen. Nutze die Zeit, oben genannte Entspannungstechniken auszuprobieren. Vielleicht kannst du deinen Partner oder deine Kinder zum Mitmachen motivieren. Selbst die Kontaktbeschränkungen kannst du kreativ meistern. Schreib doch einfach mal einen Brief, nutze Videotelefonie oder verschicke kleine selbstgedrehten Videos. Je mehr Kraftquellen du für dich ausfindig machst, desto besser wird deine seelische Gesundheit. Keine Krise dauert ewig!